Foto: Till Krech
Jeder von uns hat gewisse Ängste und das ist auch gut so. Sie schützen uns vor Handlungen, die unser Unbewusstes für gefährlich hält. Kritisch wird es nur, wenn Ängste zu sehr unser Leben steuern und uns auch vor harmlosen Dingen fern halten. Wer sich der Angst stellt, formt sein Leben und erlangt mehr Selbstsicherheit.
Nach der langen und schwierigen Abitur-Zeit, wollte sich Kevin einige Wochen pures Faulenzen gönnen. Er wollte nun einfach mal nichts tun.
Er hielt sich nur vor dem Computer oder dem Fernseher auf, bis irgendwann seine Mutter herein kam und ihm eine Reise ins Ausland vorschlug. „Ja okay, Ich bin dabei. Sucht einfach einen Ort aus, mir ist es dieses Mal egal.“, sagte er daraufhin.
Tage vergingen und Kevin hatte den Urlaub auch schon völlig vergessen, den er seiner Familie versprochen hatte. Schließlich ist es ja auch anders mit der Familie zu reisen, als mit seinen Freunden.
Am Morgen stürmte seine kleine Schwester Emily in sein Zimmer. „Papa hat jetzt eine Reise nach Kroatien gebucht. In einer Woche fliegen wir hin.“, sagte sie zu ihm. Anschließend rannte sie wieder nach unten zu den Eltern.
„Fliegen?“, dachte sich Kevin, als er im Bett lag und auf die Decke blickte. „Ich bin noch nie geflogen, wie fühlt sich das wohl an?“ Er hatte sich vorgestellt mit dem Bus zu reisen und nicht mit einem Flugzeug.
Es vergingen einige Tage und Kevin war noch recht entspannt. Er dachte sich, wenn seine kleine Schwester keine Angst davor hatte, wieso sollte er sie haben? Beruhigt begann er die Taschen zu packen.
Kevin musste sich nach einem weiteren Tag eingestehen, dass er irgendwie doch nervös wegen dieser Sache war. Er konnte einfach nicht aufhören darüber nachzudenken: „Vielleicht vertrage ich das Fliegen nicht? Was ist, wenn ich eine Panikattacke bekomme, so wie es ja auch schon viele andere bekommen haben?“
Nun waren es noch 2 Tage. Kevin und seine Familie hatten bereits fertig gepackt. Seine kleine Schwester konnte es kaum erwarten endlich ans Meer zu kommen. Kevin hingegen, konnte seine Nervosität einfach nicht mehr kontrollieren. Ihm war nun klar, dass es hier nicht um Skepsis oder leichte Nervosität ging – sondern um eine Flugangst.
Am Flughafen angekommen, sah Kevin schon die Passagiere hektisch hin und her laufen. Seine Hände waren nass vom Schweiß. Er hatte einen trockenen Mund und fühlte sich schlapp. Ungefähr 2 Stunden mussten sie noch auf ihren Flieger warten.
Kevin entschied sich an die frische Luft zu gehen, um ein wenig nachzudenken. An einer ruhigen Gegend setzte er sich hin, schaute auf die Sonne und dachte nach: „Was soll ich jetzt machen, so ist es nun mal. Menschen haben Angst. Angst ist ein Zustand, den jeder im Leben erfährt, genau wie Freude.“
Er hatte verstanden, dass es kein Zurück mehr gab, dass er das jetzt durchziehen und sich seiner Angst stellen musste. Ihm war klar, dass die Zeit schnell vorbei gehen und er es schon irgendwie überleben würde. Schließlich wollte er nicht panisch wegrennen und seinen Eltern den Urlaub versauen.
Dann war es soweit. Die Koffer wurden angenommen und die Passagiere durften ihre Plätze einnehmen. Kevins Hände waren wieder feucht und er hatte ein flaues Gefühl im Magen. Die Türen schlossen sich und das Flugzeug rollte los. Nochmals machte Kevin sich bewusst, dass es in dieser Situation nur einen Gewinner geben konnte: Entweder ihn oder seine Angst.
Diese Annahme beflügelte ihn und er sah seine Angst nun mit anderen Augen: Angst verschwindet nicht, sie bleibt. Es ist nur eine Frage, wie man mit ihr umgeht.
Nun war der Flieger in der Luft und Kevin blickte aus dem Fenster. Er war von einem enormen Glücksgefühl überwältigt. Seine Hände wurden wieder trocken und sein Kreislauf stabilisierte sich. Sein Glücksgefühl gab ihm mehr als Erleichterung. Es gab ihm Stolz, Mut und vor allem gab es ihm Selbstsicherheit und Selbstvertrauen.
Kevin spürte diesen inneren Prozess. Er bemerkte, dass sich etwas in ihm verändert hatte. Diese Veränderung gab ihm etwas, das er kaum begreifen konnte. Er bemerkte, dass Angst wie eine Bremse im Leben war, die man einfach nur lösen musste.
Heute hat sich Kevins Leben völlig verändert. Er denkt anders, handelt anders und sieht seine Umwelt anders.
Was meinen Sie, was wäre passiert, wenn Kevin sich am Flughafen gegen den Flug entschieden hätte?
30Tausend