„Es war eine schreckliche Diskussion. Die Stimmen wurden immer lauter. Sabine begann zu kreischen und Marc ließ seine Stimme durch den Raum poltern.“ Wenn nicht sogar im Berufsleben, so hast Du wahrscheinlich im Privatleben, solche oder ähnliche Situationen schon erlebt. Gerade in Konfliktsituationen ist die Stimme sehr präsent und hat eine starke Wirkung. Die gute Nachricht: Du hast es selbst in der Hand. Du kannst Deine Stimme bewusst einsetzen. Wie ein Argument, kann auch der gezielte Einsatz der Stimme im Konflikt zur Lösung beitragen.
Warum wird meine Stimme in Konflikten laut und schrill?
Meinungsverschiedenheiten kommen unter Menschen einfach immer wieder vor. Zwei oder mehrere Gesprächspartner sind unterschiedlicher Ansicht, jeder beharrt auf seinem Standpunkt und schon entwickelt sich ein handfester Konflikt. Anspannung erhöht die Stimme. Die Körpersprache zeigt angespannte Blicke, Gesten und Körperhaltungen. All das wirkt unmittelbar auf den Klang der Stimme, die Kontrahenten werden merklich lauter und höher, bis die Situation schließlich vielleicht sogar eskaliert und beide einander anschreien.
Und jetzt kommt’s: „Werde doch nicht gleich hysterisch!“ Der Ausspruch, den meist die Frau zu hören bekommt. Sowohl Frauen- also auch Männerstimmen werden im Konflikt höher. Den sogenannten „Alarmbereich“ erreicht aber die weibliche Stimme einfach früher. Damit sind die hohen Tonlagen der menschlichen Stimme gemeint, die instinktiv etwa für Angstschreie oder Hilferufe verwendet werden. Was in Momenten der Lebensgefahr sinnvoll und nützlich ist, verstärkt jedoch im Streit zusätzlich die Dynamik der Auseinandersetzung.
Wie kann ich meine Stimme im Konflikt „herunterbringen“?
Es ist sicher nicht ganz einfach, der unwillkürlichen Spiegelung von Gefühlen und Verhaltensweisen zu widerstehen. Achtet besonders auf die stimmlichen Warnsignale im Gespräch. Die ersten Anzeichen hört Ihr meistens bereits lange bevor der Streit offen ausbricht. Jetzt ist die richtige Gelegenheit, zu reagieren.
Praxis-Tipp: „Sense Focusing“ – gezieltes Wahrnehmen zur Selbststeuerung
– Sobald Du bemerkst, dass in Dir Ärger, Zorn oder Wut aufsteigt, frage Dich: „Wo in mir spüre ich dieses Gefühl im Moment körperlich am stärksten?“
– Lege Deine flache Hand auf diese Stelle. Niemand wird das beachten. Oft ist es der Magen, der sich spürbar zusammenzogen hat, oder der Bauch, in dem es arbeitet, vielleicht auch Dein Herz, das pocht.
– Spüre in Dich hinein. Was genau nimmst Du wahr? Ist es die Wärme, das Auf und Ab der Atmung? Oder ist es das Schlagen Deines Herzens?
– Allein durch die Berührung wird sich die Spannung langsam zu lösen beginnen. Nun bist Du steuerungsfähiger und kannst selbstbestimmt handeln. Welche Bedürfnisse und Wünsche liegen hinter der Verärgerung oder dem Vorwurf? Welchen kleinsten konstruktiven Schritt könntest Du nun tun, um zur Lösung des Konflikts beizutragen?
– Stimmlich kannst Du Deine Stimme stärker in Richtung des vertrauenerweckenden Eigentons führen, indem Du ein „mmhhh“ von Dir gibst. Keine Sorge: ein einfaches „mmhhh“ heißt noch nicht, dass Du den Aussagen Deines Gesprächspartners zustimmst. Es signalisiert allerdings, dass Du ihm zuhörst und versuchst, seinen Standpunkt zu verstehen. Auch das kann bereits konfliktentschärfend und auf Ihr Gegenüber besänftigend wirken.
Mit Hilfe dieser Methode erlangt Ihr im Konflikt Eure Handlungsfähigkeit wieder und beruhigt Eure Stimme, weil Ihr Eurem Körper einen Teil der Anspannung nehmt. Wende diese Methode überall dort an, wo starke Gefühle Eure Handlungsfähigkeit einschränken.
Praxis-Tipp: Die „entspannte“ Stimme
Wenn es darum geht, dass die Stimme insgesamt als „zu hoch“ wahrgenommen wird, kann das viele verschiedene Ursachen haben. Der Schlüssel zu einer entspannten Stimme ist aber in jedem Fall die Atmung. Daher ist meine Anregung, sich vor allem bewusst zu machen, wie die Atmung durch kleinste Regungen beeinflusst wird, seien es Gefühle, Gedanken oder Bewegungen.
Prüft einmal, wie Eure Stimme wiederum feinfühlig auf die kleinsten Atembewegungen reagiert:
– Setze Dich aufrecht hin, ohne Dich anzulehnen.
– Summe ganz ohne Absicht, entspannt und langgezogen vor Dich hin: „mmhhh“.
– Bewege nun Deinen Oberkörper, Deinen Brustkorb, Deine Schultern und Arme langsam in alle Richtungen. Räkelt und dehnt Euch.
– Achtet auf Euren Atem – und auf den Klang Eurer Stimme. Welche Veränderungen könnt Ihr feststellen? Wann verdichtet sich Eure Stimme? Wann wird die Stimme dünner oder enger, gepresster an?
Notiert die Erfahrungen und überlegt, in welcher Alltagssituation Euch diese Erfahrung nützlich sein könnte.
Über den Autor
Arno Fischbacher ist Wirtschafts-Stimmcoach, Speaker, Trainer und Autor. Er ist der Experte für die unbewusste Macht der Stimme in Kundenservice, Führung und Vertrieb und bereitet Führungskräfte und Mitarbeiter der Top-Unternehmen in Deutschland und Österreich auf Gespräche, Präsentationen und Medienauftritte vor.
Arno Fischbacher hat jahrelange Praxiserfahrung: Nach seiner Schauspielausbildung zählte er zwei Jahrzehnte zum Stammensemble des heutigen Schauspielhauses Salzburg, das er während dieser Zeit mehr als zehn Jahre als kaufmännischer Direktor leitete.
Nachdem Fischbacher in Film- und Fernsehproduktionen mitwirkte und als Sprecher für Hörfunk, Fernsehen, Synchron und Werbung tätig war, verließ er 1996 die Bühne und baute den Privatsender Welle 1 mit auf. Arno Fischbacher trägt heute wesentlich zum gesellschaftlichen Bewusstsein für den Wirtschaftsfaktor Stimme bei und besticht durch mitreißendes Auftreten und eine Fülle an praktischen, sofort anwendbaren Tipps. Stimme wirkt!
Mehr Informationen auf www.arno-fischbacher.com.
Übrigens: Sein Buch „Geheimer Verführer Stimme: 77 Antworten zur unbewussten Macht in der Kommunikation“ gibt es hier: – Jetzt bei Amazon.de bestellen!
Foto: hilectric