Ich kann mich noch sehr gut erinnern, es ist jetzt ca. 10 Jahre her, als ich BWL Studentin am Ende meines Studiums war und sich die Frage stellte, was ich wohl zukünftig beruflich machen wollte. Es war das Jahr 2004 und das Berufsleben lag vor mir, wie eine wunderschöne, glitzernde Einkaufsstraße in der Vorweihnachtszeit.
Ich gehörte zu den besten 5% an meiner Universität und hatte schon 6 Monate vor meinem Studienabschluss mehrere Job-Angebote. Es war die Zeit vor der Finanzkrise und Phrasen wie „Work-Life-Balance“ oder sogar „Verlasse das Hamsterrad“ waren völlig unbekannt.
Meine Studienkollegen und ich träumten von der großen Karriere bei McKinsey, Goldman Sachs oder Procter & Gamble. Wir freuten uns auf 5-Sterne Hotels, Business Class Flüge und Vorstandsetagen. 60-80 Stunden die Woche arbeiten? Natürlich, kein Problem!
Ich startete meine Karriere bei Procter & Gamble und wechselte bald darauf in die Unternehmensberatung. 60+ Stunden-Wochen waren ganz normal. Schließlich ist man ja noch jung und muss sich beweisen.
Die Zeit-gegen-Geld-Tausch Falle
Und schon, ohne dass ich es bemerkt hatte, war ich in der Zeit-gegen-Geld-Tausch Falle. Ich verdiente zwar schnell relativ gut, aber ich merkte auch, dass ich nicht mal Zeit hatte, mein Geld auszugeben.
Denn um mein Geld zu verdienen, bezahlte ich mit meiner Lebenszeit. Selbst einfache Wege wie zur Bank (damals war das noch nicht so selbstverständlich mit Online-Banking) oder zur Post wurden zum Problem.
Und das Handy war immer dabei. Wenn ich mich einmal traute, etwas früher zu gehen, weil ich z.B. ins Fitness-Center wollte, hatte ich ständig Angst, dass sich mein Chef oder ein Kunden melden würde, der noch etwas brauchte. Zu dieser Zeit war ich permanent angespannt, ich litt unter Magenschmerzen und Schlafstörungen und dachte selbst am Wochenende permanent an die Arbeit.
Erfolg und Freiheit – Wie geht das denn?
Schnell wurde mir klar, dass ich zwar erfolgreich war, aber nicht frei. Ursprünglich hatte ich ja mal Geld verdienen wollen, um frei zu sein. Ich hatte so viele Träume: ich wollte reisen, die Welt sehen, Neues lernen. Doch stattdessen lief ich einem Hamsterrad, das von innen wie eine Karriereleiter aussah.
Und meine Arbeit machte mir weniger und weniger Spaß. Ich sah, dass auch meine Vorgesetzen alles andere als frei waren und sich ebenfalls in der Zeit-gegen-Geld-Tausch Falle befanden und ich stellte mir die entscheidende Frage: Will ich das, was ich jetzt mache, die nächsten 30-40 Jahre machen?
Die Antwort kam sofort: NEIN, auf keine Fall. Und meine Motivation für meine Arbeit ließ immer mehr nach. Schließlich entschied ich mich für einen 6-monatigen Sabbatical, um herauszufinden, was ich wirklich will.
Dabei verbrachte ich viel Zeit mit mir selber und dem, was MEINE Ziele waren. Schnell wurde mir klar, dass ich einen Glaubenssatz hatte. Ich dachte:
Wenn du erfolgreich bist, kannst du nicht frei sein.
Und genau das war der Grund, warum mir meine Arbeit immer weniger Spaß machte. Ich hatte unbewusst meine eigene Karriere sabotiert, weil ich Angst hatte, dass mich mein beruflicher Erfolg mehr und mehr in die Unfreiheit bringen würde.
Also wurde mir klar: Ich musste (und wollte) eine Karriere für mich entwickeln, in der ich beides haben konnte: Zeit und Geld. Und fand die Lösung mich in einem skalierbaren Geschäftsmodell.
Was ist ein skalierbares Geschäftsmodell?
Ein skalierbares Geschäftsmodell definiere ich so, dass mein Umsatz nicht von meinem Zeiteinsatz abhängig ist. Und damit wurde auch schnell klar, dass meine Zukunft nur in der Selbstständigkeit liegen konnte. Denn jeder Angestellte verkauft seine Arbeitszeit und verfügt somit nur über einen sehr geringen Grad an Freiheit.
Skalierbare Geschäftsmodelle kannte ich zu der Zeit nur aus der Industrie bzw. dem Handel. Ich aber wollte im Berater / Trainer / Coach Bereich bleiben. Fündig wurde ich dann als ich begann die Geschäftsmodelle amerikanischer Trainer und Coaches zu analysieren und fand mein Vorbild bei Marie Forleo.
Anders als die meisten deutschen und österreichischen Coaches, die hauptsächlich stundenweise Coachings an einzelne Klienten verkaufen, hatte sie eine Fülle von unterschiedlichen Produkten, wie z.B. Online-Kurse oder Gruppen-Coaching-Programme, bei der sie nicht nur eine Vielzahl an Menschen erreichen sondern auch ihren Umsatz laufend erhöhen konnte, aber ohne ihren Zeiteinsatz zu erhöhen. Und das fand ich sehr spannend!
Wie viel willst du arbeiten – wie viel willst du verdienen?
Und dann wurde mir klar, dass mein bisheriger Glaubenssatz: Erfolg führt zu Unfreiheit, schlicht und einfach falsch war. Denn es ist sehr wohl möglich, gleichzeitig WENIGER zu arbeiten und MEHR zu verdienen. Natürlich ist das nicht einfach und man braucht eine passende Strategie und den Willen und die Energie zur Umsetzung – aber es ist möglich!
Wenn du an der Stelle stehst, wie ich damals, sodass du dir überlegst: Was will ich zukünftig beruflich machen, dann empfehle ich dir, etwas strategischer an die Sache heranzugehen als ich das gemacht habe. Anstatt das zu machen, was alle tun bzw. wozu dich die Firmen überreden wollen, entwickle deine EIGENE VISION.
Stelle dir folgende Fragen:
- Wie viel will ich arbeiten (pro Tag / pro Woche)?
- Wie viele Monate im Jahr will ich arbeiten?
- Will ich ortsunabhängig und/oder zeitunabhängig sein?
- Will ich die Möglichkeit haben Sabbaticals zu machen?
- Will ich Zeit für Weiterbildung haben?
- Und natürlich auch: Was soll der INHALT meiner Arbeit sein? Worin bin ich gut? Und was macht mir Spaß?
Und dann vergiss nicht, für fast jede dieser Visionen gibt es eine passende Karriere bzw. Geschäftsmodell. (Natürlich innerhalb gewisser Grenzen: Wenn du mir sagst, du willst ab morgen 100.000 Euro im Monat verdienen und nur 2 Stunden pro Woche arbeiten, dann musst du mir schon genau erklären, wie das gehen soll ;-).)
Aber der Punkt ist: Es ist viel mehr möglich als uns die Gesellschaft oder unsere Glaubenssätze glauben machen wollen. Und egal, was du tun willst: höchstwahrscheinlich gibt es jemanden, der etwas sehr ähnliches schon erfolgreich getan hat.
Wichtig ist nur, dass du weißt, was du willst. Dann kannst du auch dein bestes Role Model finden, schauen, wie er oder sie es gemacht hat und das Ganze für dich umsetzen.
Alles Liebe und eine Karriere oder ein Business, das ganz genau zu dir passt, wünsche ich dir .
Deine,
Mara
Über die Autorin
Dr. Mara Stix ist Coach, Trainerin und Unternehmensberaterin. Auf ihrem Blog www.marastix.com unterstützt sie vielbegabte Menschen, sogenannte Scanner, dabei, eine Karriere oder ein Business zu haben, das genau zu ihnen passt. Denn Mara weiß, dass sich ihre Klienten nicht in eine Schublade pressen lassen wollen und keinen Beruf suchen sondern eine Berufung.
Ihr Ziel ist es, dass ihre Klienten etwas tun, das sie noch in 10, 20 oder 40 Jahren glücklich macht. Und dass sie alle ihre Fähigkeiten und Talente leben und ihre vollen PS auf die Straße bringen.
Foto: Thomas Hawk
Matthias Post says
Wieder mal ein toller Artikel. Wie für mich geschrieben.
Danke !
Mara Stix says
Vielen Dank für dein Feedback Matthias!
Sabine Zettl says
liebe mara,
das ist ein wunderbarer artikel, auch deshalb weil manche, um zu dieser erkenntnis zu gelangen ein halbes leben brauchen. es gehört auch viel mut zu so einer entscheidung und die früchte davon erntet man vielleicht nicht direkt, aber es lohnt sich allemal. weiterhin viel erfolg.
Nicole Bailer says
Liebe Mara,
ein wundervoller Artikel – so persönlich und ehrlich. So DU!!
Ich wünsche mir – dir und uns allen, dass immer mehr Menschen das Business finden das zu ihnen passt und somit auch ein glückliches und zufriedenes Leben führen können.
Vielen Dank.
Deine Nicole
Mara Stix says
Danke!!!
Mara Stix says
Vielen Dank, Nicole! Und auch für deine Erwähnung bei Sandra Heim :-).
Riccarda Larcher says
Ein Artikel mit wirklich MEHR-Wert. Vielen Dank
Riccarda
Thomas Oberbichler says
Wunderschön dich zu lesen – so schön der Weg, den du gegangen bist und so schön, die Tore, die du jetzt anderen Menschen zu deren eigener Welt öffnen hilfst!
Einfach Klasse!
be wonderful!
Tom
Mara Stix says
Danke, Riccarda! Alles Gute für dich!
LG,
Mara
Mara Stix says
Danke Tom 🙂
ela von immertreu says
Vielen Dank für diesen Artikel!
Chris Beier says
Liebe Mara,
ich erkenne mich so wunderbar darin wieder – und den Wegweiser raus aus dem „Unfrei“ sein. Wie wichtig Freiheit einem (als Scanner) überhaupt sein kann! Darf?!?
Solche Sätze wie „Schnell wurde mir klar, dass ich zwar erfolgreich war, aber nicht frei. “ oder „Doch stattdessen lief ich einem Hamsterrad, das von innen wie eine Karriereleiter aussah.“ sind einfach grandios auf den Punkt gebracht 🙂
Ein rundum berührender Artikel mit so viel Wahrheit!
Mara Stix says
Vielen Dank, Chris. Freut mich, dass dir der Artikel gefällt :-).
LG,
Mara
Mara Stix says
Gerne! Alles Liebe, Mara
Lars Bobach says
Sehr guter Artikel, herzlichen Dank dafür.
Dein skalierbares Geschäftsmodell ist ein sehr guter Grund, über eine Selbstständigkeit nachzudenken. Hier sind 9 weitere Gründe pro Selbstständigkeit:
http://larsbobach.de/9-gruende-warum-sie-ueber-eine-selbststaendigkeit-nachdenken-sollten/
Charly Suter says
Hi Mara,
ich finde diesen Satz ganz interessant: „aber ich merkte auch, dass ich nicht mal Zeit hatte, mein Geld auszugeben“ – denn ich habe ihn schon relativ oft gehört. Vor allem natürlich von Leuten, die in ihrem Beruf TOP waren/sind und daher schnell Erfolge verzeichnen. Dass das, wonach die meisten von uns streben tatsächlich Freiheit und Lebenszeit ist und das dies nicht mit dem Standard-Corporate-Lifestyle zu vereinbaren ist, ist eine wichtige Erkenntnis, die sich viele nicht trauen, einzugestehen. Dabei gibt es viele Wege, erfolgreich zu sein und dennoch Zeit zu haben, wie viele Leute auf der ganzen Welt beweisen. Dazu gehört dann natürlich nicht nur eine schlaue Karriere- und Businessplanung, sondern auch eine intelligente Umsetzung.
Gruß,
Charly
Ahmet Sarikaya says
Vielen Dank für diesen super Artikel ! 🙂
Es ist beruhigend zu wissen, dass es noch Leute gibt, die aus dem „Robotersystem“ ausbrechen und ihren Weg gehen.
Sie sind eine echte Motivation !!
Mayana says
hallo,
hab den Artikel nicht ganz durch gelesen, keine böse absicht ..aber mir kam nach ein paar zeilen schon die frage:
warum nicht soviel geld verdienen (in einem festgelegten Zeitraum), dass man EBEN NICHT mehr arbeiten MUSS sondern nur wenn man will..dann ist man auch FREI…
(wie man es schafft ist natürlich eine andere sache, u unschwer zu erkennen liegt hierin die eigentliche herausforderung..) Am ANFANG aber muss man IMMER alles gegen Zeit eintauschen,…ohne zeit in etwas zu investieren (man muss nun mal auch dafür etwas tun), wie kann man dann erwarten Erfolg zu haben? eine arbeit die man liebt (nicht des geldes wegen, sondern die einem gänzlich erfüllt), da wird man die Zeit eh vergessen…wenn es nciht so ist, ist es eben keine gute wahl u deswegen fühlt man sich ausgelaugt u das wichtigste : man hat nicht die Kraft u Motivation um den Job zu machen…nur die Leidenschaft macht einen erfolgreich (weil die freude u kraft v innen kommt) .. alles was als Belohnung von AUSSEN kommt (wie Geld) ist nicht von langer dauer …deshalb die o.g Situation da…
(ist nur meine Meinung)
Mayana says
vollkommen richtig!!!! 😉